Es ist nicht einfach, die Geschichte des Ortsvereins Erkrath des Roten Kreuz zu schreiben. Das allgemeine zugängliche Quellenmaterial ist nicht sehr ergiebig, das Archiv des Ortsverein weitgehend verlorengegangen. Immerhin kann auf einige im Stadtarchiv Erkrath befindliche Akten und auf frühere Veröffentlichungen zurückgegriffen werden.
Die Idee, eine weltweite Hilfsorganisation zu gründen, geht auf den Schweizer Kaufmann Henri Dunant zurück. Auslösend war das schockierende Erlebnis der blutigen Schlacht von Solferino 1859 (zwischen Franzosen und Österreichern). Die etwas 25000 Verwundeten wurden weitgehend ohne Hilfe ihrem Schicksal überlassen. Auf Betreiben von Dunant wurde 1864 in Genf eine internationale Übereinkunft getroffen, Verwundeten und anderen Verletzten in Zukunft humanitäre Hilfe über Ländergrenzen hinweg zukommen zu lassen. Diese erste "Genfer Konvention" führte dann später zur Bildung des "Internationalen Komitees vom Roten Kreuz".
In Preußen und, später, im Deutschen Reich bildeten sich auf örtlicher Ebene Sanitätskolonnen unter dem Zeichen des Roten Kreuzes. Bereits 1870 war der Zweigverein des Roten Kreuzes für den Stadt- und Landkreis Düsseldorf, zu dem auch Erkrath gehörte, gegründet worden. Es gab 1901 ein Rotkreuz-Krankenhaus in Düsseldorf auf der Degerstraße (heutiges Luisenkrankenhaus).
Nachdem schon 1894 in Mettmann und 1899 in Hochdahl Sanitätskolonnen gegründet worden waren, folgte Erkrath 1908. Die Gründungsversammlung fand am 16.12.1908 im Lokal Assenmacher auf der Kreuzstraße statt (heute Gaststätte Weidenhof). Die ärtzliche Leitung der neuen "Freiwilligen Sanitätskolonne vom Roten Kreuz übernahm Dr. Johann Strucksberg, der seit 1883 in Erkrath als praktischer Artz niedergelassen war. Zum Vorstand gehörten außer ihm die Herren Thelen, Nölling, Lohn und Bell. Die Kolonne hatte anfangs 23 aktive und 7 passive Mitglieder.
Warum die Sanitätskolonne in Hochdahl fast 10 Jahre früher als die Erkrath gegründet wurde, ist möglicherweise durch die Tatsache zu erklären, dass dort schon vor der Jahrhundertwende Hüttenwerk Hochdahl (Quelle: Erkrath, 1986) das große Hüttenwerk bestand, das auf schnelle Hilfe für die bei Unfällen verletzten Arbeiter angewiesen war. Schon damals musste man Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaften beachten. Mit Zunahme der Industrialisierung wurde auch in Erkrath die Aufstellung einer Sanitätskolonne erforderlich.
Die Transportmöglichkeiten für die Verletzten waren sehr begrenzt. Meist mussten die Sanitäter einen Verletzten zu Fuß auf einer trage schleppen. Da bedeutete eine Krankentrage, die geschoben oder gezogen wurde, schon eine Erleichterung. Ein solches Exemplar ist heute noch im Feuerwehrmuseum Heiligenhaus zu sehen.
Die nächsten Krankenhäuser befanden sich in Mettmann und Hilden. Gelgentlich wurde ein Unfallopfer auch mit der Eisenbahn nach Wuppertal oder Düsseldorf gebracht. Das in Erkrath verwendete Pferdefuhrwerk stand nicht immer zur Verfügung und genügte bald nicht mehr den Ansprüchen. Im Zuge der Motorisierung sollte 1917 ein Krankenauto für Erkrath angeschafft werden. Der angebotene Mercedes-Krankenwagen war den Gemeindevertretern aber zu teuer. Man schaffte stattdessen einen Pferdewagen an, der bei Louis zur Linden in der Remise untergestellt wurde. 1937 wurde ein Feuerwehrauto gebaut. Erst 1973 stand in Erkrath ein eigener Krankenwagen zur Verfügung.
Geld für Uniformen musste beschafft werden. Die Kollegen vom Düsseldorfer Roten Kreuz lehnten 1911 das Hilfegesuch ab. Die Erkrath Sanitätskolonne war auf Spenden und Mitgliedsbeiträge angewiesen. Kleine Beträge flossen durch Strafgelder, die die unentschuldigt fehlenden Mitglieder zahlen mussten, in die Vereinskasse. Da diese Beträge nicht ausreichten, nahm der Vorstand einen Kredit bei der Sparkasse Erkrath auf.
Auch die Ausrüstung kostete Geld. Immerhin unterstütze die Gemeindeverwaltung ab 1922 die Sanitätskolonne mit jährlich 300 Mark. Ein Sauerstoffapparat wurde bewilligt, die Anschaffung eines leistungsstärkeren Badeanstalt in der Düssel (Quelle: Erkrath, 1986) erätes als zu teuer abgelehnt. In jenen Jahren stand der Tod durch Ertrinken noch an der ersten Stelle in der Unfallstatistik. Da Erkrath eine Flußbadeanstalt in der Düssel hatte und die meisten Leute Nichtschwimmer waren, dürfte es häufiger zu Notfalleinsätzen der Sanitätskolonne gekommen sein.
Die Übungsabende fanden in der Gaststätte Ohligs (heute Postwirtschaft) auf der Bahnstraße statt. Hier hatte man im Saal genügend Platz, das Bergen und die Versorgung von Verunglückten zu üben. Hier wurden Erste-Hilfe-Kurse für die Bevölkerung abgehalten. Der Ausbildungsstand der Sanitätskolonne wurde bei öffentlichen Übungen überprüft und vorgeführt.
Das Aufgabenfeld wuchs. Die Krankenpflege wurde ins Programm aufgenommen, regelmäßige Geldsummen durchgeführt, die Zusammenarbeit mit der Feuerwehr und den Krankenschwestern des "Vaterländischen Frauenvereins" intensiviert. Grundsätzlich aber war die Tätigkeit der Sanitätskolonnen nach wie vor auf den Einsatz im Krieg ausgerichtet. In der Satzung des Zweigvereins "vom Roten Kreuz" für den Kreis Mettmann liest man unter "Zweck des Vereins":
"Der Verein verfolgt den Zweck, zu Kriegszeiten den Kriegs-Sanitätsdienst nach Maßgabe des allerhöchst bestätigten Organisationsplans der freiwilligen Krankenpflege zu unterstützen und in Friedenszeiten die zweckmäßige Erfüllung dieser Aufgabe, soweit tunlich, vorzubereiten.
Im Jahr 1926 übernahm Dr. Johannes Wessel die ärztliche Leitung des Ortsvereins von Medizinalrat Dr. Strucksberg, nachdem er 1923 bereits dessen Praxis übernommen hatte.
Dr. Wessel hatte diesen Posten bis zu seinem Tod im Jahr 1964 inne und prägte das Bild des Ortsvereins über Jahrzehnte. Es wird berichtet, dass er bei den Theateraufführungen, die die Rotkreuzler zusammen mit dem katholischen Jünglingsverein veranstalteten, Regie führte.
Das Deutsche Rote Kreuz wurde 1937 - ebenso wie das 1925 gegründete Deutsche Jugendrotkreuz - durch das sogenannte DRK-Gesetz von den Nationalsozialisten gleichgeschaltet und bekam eine neue Satzung. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden beide Organisationen von den Besatzungsmächten aufgelöst. Erst 1950 kam es zur Neugründung des DRK und des Jugendrotkreuzes in der Bundesrepublik, 1952 auch in der DDR.